Rohstoff – Geschichte

6. Dezember 2015 Pipelines Posted In: Allgemein

Pipelines sind eines der wichtigsten und interessantesten, doch dabei auch eines der unauffälligsten Massenverkehrsmittel des Welthandels. Obwohl kaum jemand im Alltag auch nur einen Ausschnitt des globalen Pipelinesystems zu Gesicht bekommt, haben wir tagtäglich mit Pipelines zu tun. Buchstäblich jeder Liter Öl, jeder Kubikmeter Gas, den wir an der Tankstelle oder Gastherme konsumieren, der in die Kunststoffe unserer Konsumgüter eingeflossen ist, wurde zwischen fossiler Lagerstätte und moderner Alltagswelt durch das Röhrensystem der Pipelines geleitet. Förderrohre an der Bohrung, Verbindungsleitungen zu Zwischenlagern, die großen kontinentalen bis interkontinentalen Rohrleitungen und daran angeschlossen die Röhrensysteme der Raffinerien bilden das Rückgrat des fossilen, globalen Energiewesens. Unabhängig von Witterungseinflüssen wie Niedrigwasser, Eis oder Nebel auf Flüssen und Kanälen können unter der Erde größte Mengen an Öl und Gas transportiert werden.

  • Pipeline-Technik in der Landschaft in den 1930er Jahren. Quelle: Archiv Rohstoff Geschichte, Sammlung Dieter Sommer.
Das Wiener Becken ist einer der europäischen Knoten des Pipelinewesens. Hier liegt die große Übergabestation in Baumgarten, an der seit Ende der 1960er Jahre Erdgas aus der UdSSR und später aus Russland in den Westen strömt. Hier, in Schwechat, liegt aber auch eine der größten Raffinerien Mitteleuropas, in deren Röhrensystem aus fossilen Rohstoffen alltagstaugliche Produkte werden, Grundstoffe für Verkehr und Warenwelt aber auch für Pharmazie und Lebensmitteltechnik. Im Wiener Becken lässt sich systematisch und historisch schon in einigen Schlaglichtern die gesamte Bandbreite des Pipelinewesens exemplarisch erläutern: zwischen den allerersten, selbstgebauten Gasleitungen eines slowakischen Bauern 1913, über die Rohrsysteme an mehreren hundert Produktionssonden aus acht Jahrzehnten zwischen Zistersdorf und Enzersdorf, bis hin zu den großen Pipelineprojekten zwischen Adria und Mitteleuropa, zwischen Ost und West, zwischen Kaspischem Raum und Europäischer Union.

Ján Medlens Improvisation 1913

Die erste Pipeline im Wiener Becken wurde weder von Tiefbauingenieuren, noch von einem Erdölunternehmen gebaut, sondern von einem erfinderischen Privatmann und Sonderling. Der slowakische Bauer Ján Medlen (1870-1944) hatte in den Niederungen der March bei Egbell (slowak. Gbely) am Beginn des 20. Jahrhunderts zufällig festgestellt, dass brennbares Gas aus dem Boden strömt. Mittels eines selbstgebauten Röhrensystems leitete er das Erdgas in einen ebenso selbstgebauten Zwischenspeicher, um mit dem fossilen Brennstoff seinen Herd und Hof zu beheizen. Tatsächlich flog die explosive Installation aber bald in die Luft. Lautstarkes Zeichen für die Budapester Behörden, sich der Sache anzunehmen, lag doch das erste improvisierte und explodierte Gasnetz im Wiener Becken gleich neben dem sehr viel bedeutenderen Netz der königlich-ungarischen Eisenbahn. Als die galizischen Ölfelder, und damit die Erdölbasis des Habsburgerreichs und der Achsenmächte dann gleich am Beginn des Ersten Weltkriegs von zaristisch-russischen Truppen besetzt werden, setzt unter der Regie von Hugo von Böckh (1874-1931) in Gbely auf ungarischer (heute slowakischer) Seite, aber auch im niederösterreichischen Rabensburg, Hohenau und Raggendorf eine rege Bohrtätigkeit ein, wenn auch zunächst mit wenig verwertbaren Spuren. Erst nach dem Krieg werden im österreichischen Weinviertel wirtschaftlich nutzbare Lagerstätten erschlossen. Doch im Rückblick beginnt mit der geplatzten Pipeline des Ján Medlen nicht weniger als das Zeitalter von Erdöl und Erdgas im Wiener Becken.

Rund um Zistersdorf, 1930er Jahre

In der Nähe von Zistersdorf wird eine Pipeline verlegt. Viele hundert, vielleicht tausend Kilometer Rohrleitung dürften im Wiener Becken seither verlegt worden sein. In den Bildern vom Beginn der 1930er Jahre ist die körperliche Anstrengung, die schon das Verlegen des kleinformatigen Rohres bedeutet spürbar. Und dazu der – immerhin an der Oberfläche – vorübergehende technische Eingriff in die Landschaft.

  • Quelle: Archiv Rohstoff Geschichte, Sammlung Dieter Sommer.
Alles wird von Hand erledigt. Das Ausheben des Grabens, das Aufbocken der verschraubten Leitung, der Anstrich mit Teerfarbe. Wie die Rohre auf das Feld gekommen sind, sieht man auf diesen Bildern nicht, es wird aber wohl mit Hilfe von Ochsen- oder Pferdefuhrwerken aus der Umgebung geschehen sein. Nackte Oberkörper der Arbeiter, aber einige Männer stehen daneben, eine Art technische Aufsicht wohl, sie ist mit dem Motorrad angereist, und auch den Fotografen, der uns diese Bilder überliefert hat, kann man sich eher unbeteiligt vorstellen.

„Warten auf Pipe-line“ Juli 1938

  • "Warten auf Pipe-line". Quelle: Archiv Rohstoff Geschichte, Sammlung RAG.
Als exotische, fremde Vokabel taucht die „Pipe-line“ auch im Juli 1938 im „Wöchentlichen Bohrrapport Nr. 9a“ der RAG auf. Die Sonde „Gaiselberg 1“ ist zwar schon seit 25.7. in Produktion, dennoch muss sie am 27.7. um 20h nochmal verschlossen werden, noch steht keine „Pipe-line“ zum Abtransport des Rohöls bereit.

TAL-Einsatz April 1966

Im Stile eines Familienalbums ist die Mitarbeit des ÖMV-Fuhrparks Ernestinenhof in Prottes an der Trans-Alpen-Pipeline (TAL) Ende der 1960er Jahre dokumentiert. Was in den Wirtschaftskarten aktueller Schulatlanten als abstrakter Strich über den Alpenhauptkamm, von der Adria nach Oberbayern vermerkt ist, ist hier Knochenarbeit, trotz schwerer Lastwagen und Baumaschinen.

  • Quelle: Archiv Rohstoff Geschichte, Sammlung OMV, Fuhrpark Prottes.
Die umgebende Berglandschaft, die Festung Kufstein, Gebirgsbäche, der Inn, die Bauernhäuser – das alles steht in scharfem Kontrast zum technischen Bauwerk der Pipeline, zu den meterdicken Rohrleitungen, durch die seither Öl und Ölprodukte von der Adria zur Raffinerie nach Ingolstadt und Karlsruhe zirkulieren. Tatsächlich findet hier kaum weniger statt, als die Abschaffung der Alpen und die Ersetzung eines natürlichen, durch ein künstliches Strömungssystem. Nicht mehr über natürliche Flusssysteme und die Binnenschifffahrt, sondern über ein künstliches Leitungsnetz über die große europäische Hauptwasserscheide hinweg werden die Raffinerien Mitteleuropas in Karlsruhe und Ingolstadt aber – über den Abzweig der Adria-Wien-Pipeline auch in Wien-Schwechat mit Rohöl versorgt.

Übergabestation Baumgarten an der March 1968

An manchen Stellen taucht die Pipeline aus dem Boden kurz auf. Meist geschieht das aus technischen Gründen, etwa an Verdichter- oder Pumpstationen. Oder aber, es geschieht aus politischen Gründen, dann nämlich, wenn eine Grenze nicht einfach ohne weiteres unbemerkt unterschritten werden kann. Ein solcher Grenzpunkt liegt im niederösterreichischen Baumgarten, auch, wenn jenseits der March die Slowakei heute längst zur Euro- und Schengenzone gehört.

  • Pipeline-Weltpolitik 1968: Eröffnung der ÖMV-Übergabestation Baumgarten. Quelle: Archiv Rohstoff Geschichte, Sammlung OMV-Bildarchiv.
Als im Herbst 1968 der österreichische Bundesminister für Verkehr Ludwig Weiss (ÖVP), der ÖMV-Generaldirektor Ludwig Bauer und der sowjetische Öl- und Gasminister Alexej Kortunow in Baumgarten an der March einen Gashahn aufdrehen und sich eine Fackel entzündet, wird der Eiserne Vorhang um einen entscheidenden Schritt durchlässiger. Gas aus der UdSSR erreicht in den Folgejahren nicht nur die Staaten des Warschauer Pakts, sondern – via Österreich – auch den Westen. UdSSR und Warschauer Pakt sind heute Geschichte, das sibirische Gas strömt aber immer noch via Baumgarten nach Österreich.

James Bond 007: The Living Daylights  1987

Prominenter Kinostoff für ein globales Millionenpublikum sind die Pipelines des Wiener Beckens in James Bond The Living Daylights von 1987. In einer Gas-Pipeline überwindet James Bond in einem der letzten Vorwendefilme den Eisernen Vorhang zwischen Bratislava und Wien und landet schließlich im Gasometer in Wien-Simmering – passenderweise mittlerweile gerade kein Ort der Gasspeicherung mehr, sondern Standort des Wiener Stadt- und Landesarchivs – bevor er das Industriedenkmal per Senkrechtstarter verlässt.

Konkrete Landschaft und abstraktes Kartenbild

Infrastrukturbauwerke sind gleichzeitig zweierlei. Sie sind konkret und abstrakt. Sie sind einerseits Bestandteil großer, geostrategischer Planwerke und Schaltpläne. Sie haben klingende Namen wie Druschba, TAL oder Nabucco und beschäftigen die Weltpolitik. Mitunter entstehen sie auch aus einer weltpolitischen Zwangslage, wie etwa die 2400 km lange Pipeline zwischen Texas und New York in den 1940er Jahren zum Schutz vor deutschen U-Bootangriffen. Ebenso sind Pipelines aber auch Teil einer lokalen Landschaft, einer Umgebung aus Feld, Wald, Boden und Gestein. Technisch liegt gerade hier die Herausforderung. Man muss das physische Verhalten von Böden, Grundwasserzonen und Gesteinsschichten schon sehr präzise verstehen, wenn man ein technisches Bauwerk über mehrere hundert Kilometer durch diverse Öko-, Hydro- und Gesteinssysteme verlegen und dann über Jahrzehnte sicher betreiben will. Anders als Straßen, Eisenbahnlinien und Überlandtrassen für elektrische Energie sind Pipelines für fossile Energie schlicht unsichtbar. Umso interessanter ist, was hier verbunden wird. Immerhin technische Hinweistafeln geben im Gelände bisweilen Aufschluss darüber, dass einen Meter unter der Grasnarbe oder Ackerkrume ein Massenverkehrsmittel verläuft, das auf der einen Seite bis nach Sibirien reicht und auf der anderen Seite hinein in eine Raffinerie und indirekt bis in unsere Tankstellen. Rohstoff-Reviere und Zentren der Technik und Wissenschaft werden über Pipelines buchstäblich aneinander gekoppelt. Rechnet man auch die vertikalen Rohrleitungen direkt an der Bohrstelle zum Pipelinesystem hinzu, dann verbinden diese stählernen Adern nicht nur Orte, sondern auch Zeiten, die fossilen Gesteinsschichten tief unter der Nordsee, im Schwarzen Meer, am Persischen Golf, aber auch im Wiener Becken, mit den kurzen Verbrauchszyklen und technischen Zeitläuften der Moderne.

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